Nikky
und die Macht der sieben Federn
und die Macht der sieben Federn
Autorin
Brynja Sif Skúladóttir
Aus dem Isländischen von
Ursula Giger
Farbig illustriert von
Linda Goetschi
Verlag Richard Gautschi
© 2020
ISBN 978-3-9521895-8-0
1. Auflage 2020
„…sie hatte schon seit jeher hören können, wie die Bäume wisperten, raunten und flüsterten. Das alles war ihr nie seltsam erschienen, bis sie anderen davon zu erzählen begann.“
Nikky ist ein eigensinniges elfjähriges Mädchen aus Island. Der Sommer ist da, und sie wird ihn mit ihrer Mutter in Zürich verbringen.
Doch Nikkys aussergewöhnliche Fähigkeit zieht rätsel- hafte Geschehnisse nach sich. Ein Zirkus am Zürichsee, wo die geheimnisvolle Mandana regiert, lockt Nikky magisch an. In einem vornehmen Garten mit Baumfiguren spielt sich Unheimliches ab. Und was hat es mit den Orten und Menschen auf sich, die Nikky seit langem in ihren Träumen sieht – und die nun in Zürich wirklich werden? Wird Nikky mutig und stark genug sein, um mit dem Geheimnisvollen und Unheimlichen fertig zu werden?
Die weissen Federn bewegten sich in einem uralten und geheimnisvollen Rhythmus, den niemand wahrzunehmen schien ausser dem hochgewachsenen, blaugekleideten Mann, der sie in der Hand hielt.
Höher, immer höher schwebten die Federn.
Der Mann mit dem schönen, sonnengebräunten Gesicht, den strahlend grünen Augen und dem schulterlangen, kohlrabenschwarzen Haar sah nichts ausser den schneeweissen Federn. Er stand mitten auf der Brücke – so wie immer.
Veronika wusste haargenau, was als nächstes geschehen würde, sie hatte es so oft schon gesehen. Der Mann schloss die Augen, warf die Federn in die Luft und liess sie herunterschweben, als ob der Wind sie ein wenig mit sich trage.
Der Mann öffnete die Augen, streckte sich in die Höhe, und die Federn schwebten wie durch Zauber in Richtung seiner Hände …
Veronika wollte zusehen, sie war sich sicher, dass der Mann die Federn wieder auffangen würde, doch sie spürte, wie sie sich entfernte, wegflog, den Blick auf ihn verlor. Gerade, als nur noch wenige Zentimeter seine Hand von den schneeweissen Federn trennten …
Veronika schrie laut auf.
„Nein! Ich will noch mehr sehen …“
Sie lag im Bett und wiederholte:
„Nein, nein, ich will nicht aufwachen, ich will noch mehr sehen!“
Die Zimmertüre öffnete sich.
„Nikky, hast du geträumt?“
Obwohl sie Veronika Vera Evudóttir hiess, wurde sie Nikky genannt. Sie schaute ihre Mutter, die in der Türe stand, bedrückt an.
„Mama, ich will wissen, was als Nächstes passiert.“…
4. Der Figurengarten
…„Fräulein Veronika, du bist zu spät. Das dulde ich nicht. Hat man dir nicht beigebracht, dass Pünktlichkeit eine Tugend ist?
“
Nikky schaute auf die Uhr ihres Handys, die genau 12 Uhr 07 anzeigte. Auf Island würde dies kaum als zu spät gelten, dennoch beschloss sie, sich zu entschuldigen.
„Entschuldigen Sie, Frau Sege, aber es waren ja nur sieben Minuten.“
Frau Sege schnaubte:
„Zeig mir deine Hände.“
Nikky war sprachlos. Sie hielt ihre Hände hoch, die nach all den Stunden im Garten zu Hause auf Island etwas mitgenommen aussahen.
Frau Sege verzog das Gesicht, als sie ihre schmutzigen Fingernägel sah.
„Wurde dir nicht beigebracht, die Hände ordentlich zu waschen?“
„Doch, selbstverständlich. Ich habe es einfach vergessen.“
Nikky war so wütend, dass sie sich nur mühsam beherrschen konnte.
„Nun geh schon und wasch dir die Hände, schnell, das Essen wird kalt.“
Sie wankte auf den Flur. Wo war sie hier denn eigentlich gelandet? Sie konnte es einfach nicht fassen. Es kam ihr vor, als ob Frau Sege von einem anderen Sonnensystem stammte. Nikky verstand sie einfach nicht.
Nachdem sie sich die Hände so sauber wie möglich gewaschen hatte, ging sie ins Esszimmer zurück und quetschte ein Lächeln hervor.
„So ist es recht, Veronika, dann können wir ja endlich mit dem Essen beginnen.“
Nikky setzte sich auf einem Stuhl Frau Sege gegenüber im Schneidersitz hin. Das war eine Macke von ihr, denn sie fand es super bequem, so zu sitzen. Sie griff zum Handy, um zu schauen, ob Mama ihr eine SMS geschickt hatte.
„Nein, jetzt reicht es aber, mein liebes Fräulein!“
Die schmalen Augen und das bleiche Gesicht von Madame verrieten, dass sie sehr verärgert war.
„
Es geziemt sich überhaupt nicht, sich so hinzusetzen, und noch weniger, bei Tisch zum Handy zu greifen!“
Bevor Nikky es sich versah, hatte Madame ihr das Handy weggenommen und sagte kühl:
„Du musst besseres Benehmen lernen, Fräulein Veronika! Stell bitte die Füsse ordentlich auf den Boden, und die Ellbogen gehören nicht auf den Tisch, bloss die Hände.“
Frau Sege seufzte tief.
„Das wird schwieriger, als ich gedacht hatte.“
„Geben Sie mir sofort mein Handy wieder.“
Nikky sprang auf.
„Nein, das kommt nicht in Frage. Nun essen wir.“
Nikky zitterte vor Wut. Was sollte sie bloss tun?
Die Küchenhilfe nahm den Deckel vom grossen Silbertablett, das auf dem Tisch stand. Nun war das Fass endgültig voll: Tote Fischaugen starrten sie vom Tablett aus an, ein ganzer Fisch, der mit Kopf und Schwanz gekocht worden war! Würde sie das tatsächlich essen müssen? Im nächsten Augenblick ging Nikkys Temperament mit ihr durch, sie folgte einfach ihrem Gefühl, ignorierte die Wut und Abscheu in Frau Seges Gesicht und rannte, so schnell sie konnte, hinaus, weg, sie musste einfach weg von hier! Frau Seges Rufe hallten durch das Haus.
„Herr Kurz, holen Sie sie her!“
Nikky lief in den Garten. Wie sollte sie bloss aus diesem fest umzäunten Garten hinauskommen? Das Tor war geschlossen, und sie hörte Herrn Kurz‘ Stimme:
„Keine Sorge, Madame, ich kriege sie schon, sie kann nirgendwo hin.“
Nikky lief verwirrt im Garten umher. Dort war das Meisterwerk von Herrn Kurz –, der Hals der Giraffe ragte bis über die Mauer, die den Garten umgab. Sie überlegte nicht lange, sondern lief, so schnell sie konnte, zum Baum und kletterte an ihm hoch. Das war nicht einfach, denn je höher sie kam, umso dünner wurden die Äste. Der Hals und der Kopf der Giraffe sahen nicht sonderlich kräftig aus, und es ächzte im Geäst.
„Stopp! Du zerstörst mein Werk!“, kreischte der Gartenzwerg.
Nikky drehte sich nicht um, sie war beinahe an der Mauer. Es knackte in den Ästen, als ob sie gleich brechen würden. Sie stiess sich mit aller Kraft vom Baum ab und sprang zur Mauer hinüber. Der Hals der Giraffe brach, und der Kopf fiel mit einem schweren Plumpsen zu Boden. Nikky hing an der Mauer –, sie spürte einen Stich im Herzen, spürte ein Brennen in den Augen und konnte das Weinen kaum zurückhalten. Sie fand es ganz schrecklich, dass sie einen Baum geknickt hatte.
„Verzeih mir“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. Dann holte sie tief Luft und hievte sich an der Mauer hoch. Jetzt war es von Vorteil, beweglich und stark zu sein.
Herr Kurz schrie so laut auf, dass man es im ganzen Quartier hören musste. Nikky wusste, dass sie nun einen Feind hatte. Doch das war ihr so was von egal; sie konnte nur noch daran denken, von hier weg zu kommen.
In Sicherheit war sie noch nicht. Sie stellte sich einen Schwebebalken vor, als sie leichtfüssig über die Mauer lief, und sie sagte zu sich:
„Ich muss von hier weg!“…
Brynja Sif Skúladóttir, *1969, ist eine Kinderbuchautorin aus Island. Ihre Kindheit verbrachte sie oft auf dem Rücken von Islandpferden und beim Spiel in den Lavafeldern.
Sie studierte Wirtschaft und Marketing an der Universität Reykjavik, lebte in Island, Schweden und Deutschland. Seit 2015 wohnt die dreifache Mutter mit ihrer Familie in Rüschlikon am Zürichsee.
2013 bis 2017 erschien in Island ihre Trilogie um das Mädchen Nikky, das die Sprache der Bäume versteht. „Nikky und die Macht der sieben Federn“ ist das erste dieser drei Bücher; in Island stand es mehrere Wochen auf der Bestsellerliste.
Brynjas Lieblingsfarbe ist königsblau, ihre Lieblingstiere sind Pferde, und sie glaubt an die Kreativität und Fantasie der Kinder. Das vermittelt sie gern in Workshops an Zürcher Primarschulen. Ausserdem ist sie überzeugt, dass Kinder mit Bäumen sprechen können, wenn sie es wirklich wollen.
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Buch
Hardcover gebunden
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170 Seiten
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lautend auf Richard Gautschi
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Autorin
Brynja Sif Skúladóttir
Aus dem Isländischen von
Ursula Giger
Lektorat
Roland Wächter
Illustrationen
Linda Goetschi
Bildbearbeitung
Mediacheck, Christoph Küenzi
Satz & Druck
Schnelldruck Thalwil GmbH
Papier
Normaset puro natural white FSC von Antalis AG
Buchbinder
Bubu. Mönchaltdorf
Dieses Buch wird unterstützt von
der Gemeinde Rüschlikon
Die Übersetzung wurde unterstützt von